Future Workforce Planning und die neuen Dimensionen im HRM – Ein Paradigmenwandel


Future Workforce Planning und die neuen Dimensionen im HRM – Ein Paradigmenwandel

 

Die Arbeitswelt ist im Umbruch begriffen. Demographischer Wandel und Digitalisierung nehmen vermehrt und immer massiver werdend Einfluss auf das, was bisher nie als Engpassressource wahrgenommen wurde. Höchstens in ausgesuchten Berufsbildern. Den Menschen.

Jahrzehntelang war er prinzipiell ersetzbar, Jüngere kamen immer nach und es ging nur darum seine Arbeitskraft bis zur Rente optimal zu nutzen. Ausbildungen wurden verkürzt, diversifiziert und schlanker gemacht, damit die Wertschöpfung früher eintreten konnte.

Damit kam dem HRM im Gesamtmanagement oft nur etwas zu, was man bestenfalls als Personalverwalter ansehen konnte. Lohnbuchhaltung, Recruiting, ein bischen PR, Mitarbeiterentwicklung und Weiterbildung im Rahmen optimierter Budgets und natürlich, aber das bitte pünktlich, das HR-Reporting mit dem ganz wichtigen KPI „Krankenstand“.

Das ändert sich gerade…

Der demographische Wandel sorgt dafür, dass nach der Schwemme derer, die jetzt in 10-15 Jahren in Rente gehen werden nichts mehr nachkommt, Zumindest nicht in dem Maße, wie Ersatz benötigt wird. Und dann auch nicht unbedingt so qualifiziert, wie es im Anbetracht der Digitalisierung erforderlich wäre.
Letztere wird dafür sorgen, dass vor allem in kognitiven Berufen Millionen Arbeitskräfte wegfallen und IT-Berufe stark zulegen werden:

Damit soll nun das HRM, dessen Ressourcen selbst auf die Wahrung des personaltechnischen Status quo ausgerichtet worden sind, plötzlich die Rolle eines Unternehmensentwicklers (mit)übernehmen. Eines Managers, der frühzeitig nötige neue Berufsbilder erkennt, die Wirkung von Demographie und Digitalisierung in Einklang bringen muss, ohne die Richtung und die zeitliche Verfügbarkeit von digitalen Lösungen zu kennen und die Workforce unter allen Umständen aufrecht zu halten, damit die Produktivität nicht absinkt. Hört sich wie die Quadratur des Kreises an…

 

Doch bei genauer Betrachtung gibt es nur drei in die Zukunft gerichtete Dimensionen. Zum einen der demographische Aspekt, dessen Wirkung auf das Unternehmen klar anhand der IST-Zahlen herausgearbeitet werden kann. Dann ist da die Digitalisierung, die einen gravierenden Einfluss auf die Workforce nehmen wird, aber erst organisatorisch-prozessual wie auch technisch im Entstehen ist. Die dritte Dimension ist auch planbar. Es sind die Unternehmensziele.

Doch was ist im Einzelnen zu tun?

 

1.) Demographischer Wandel
Hier ist zu klären, wie stark, nicht ob(!), das Unternehmen betroffen sein wird und in welchen Jahren was alles wegbrechen wird. Welche Key-Ressourcen wegfallen und wer aus der eigenen Workforce sie mit welchen Weiterbildungen wann ersetzen könnte.
Daher wäre in einem Vorprojekt zu klären, ob für solche Gedanken auch alle Daten/Informationen/Kennzahlen da sind, die eine strukturierte Planung für einen Zeitraum von zehn Jahren braucht.
Und diese Daten sollten dann auch eine Aussagekraft dafür haben, ob die Berufsbilder im Unternehmen überhaupt geeignet sind, dass sie bis 63, 67 oder 70 Jahren machbar sind. Arbeit im Alter heißt auch, dass man sie dann auch noch schaffen können muss. Hier möge man sich einmal Dachdecker vorstellen.
Und neben der arbeitstechnischen Voraussetzung muss dann auch noch die Gesundheit bei den Mitarbeitern mitspielen. Bisher war das System auf Rente mit 60 getrimmt. Doch 45 Beitragsjahre haben die wenigsten mit 63 erreicht. Daher muss die Planung etwas ernsthaft miteinbeziehen, was bisher nur ansatzweise von Bedeutung war: eine richtungsweisende Gesundheitspolitik im Unternehmen.

2.) Unternehmensziele
Diese geben vor, wohin das Unternehmen will, wo es in zehn Jahren stehen und was es bis dahin realisieren will (zum Beispiel Fusionen, Aufkäufe, neue Märkte/Produkte), um das Ziel zu erreichen.
Sie sind der erste Unsicherheitsfaktor in der Planung. Und nein, es ist kein alter Faktor, sondern ein Neuer. Denn das basiert nun auf dem, was die Digitalisierung auslösen kann und WIRD. Und wie schnell eine nicht realisierte technische Marktänderung selbst Weltmarktführer wie Nokia (IPhone/Smartphone und Apps) innerhalb kürzester Zeit ins Abseits hat treiben lassen, sollte Warnung und Anreiz sein. Oder wie eben diese Apps das Verbraucherverhalten verändert haben.
Daher müssen die Unternehmensziele selbst, sollten sie klar definiert sein, nochmals überarbeitet werden. Und das dann auch unter der Prämisse, dass es dafür dann noch die benötigten Arbeitskräfte geben sollte.
Unternehmensziele müssen jetzt auch die Engpassressource Mensch berücksichtigen; sonst scheitern sie.

 

3.) Digitalisierung
Die realen Möglichkeiten der Digitalisierung hängen von zwei Prämissen ab: wann wird künstliche Intelligenz in welchem Maße qualitativ und rechtlich (wird immer gern vergessen) wo überall möglich sein, und welche Wirtschaftsbereiche kommen ohne diese aus und forcieren schon jetzt die Entwicklung am Markt?
Die Digitalisierung ist „das unentdeckte Land unserer Zeit. Wir haben Visionen von dem, was hinter dem Horizont ist. Was nun machbar wird, was vorher unmöglich war. Die vierte industrielle Revolution wird vieles verändern, nicht zuletzt unsere aller Leben, unsere Gesellschaft und damit auch die Wirtschaft.
Wie sie sich auf die Workforce auswirken wird, kann das HRM alleine nicht planen oder auch nur vorhersehen. Dafür sind andere Fachabteilungen im Hause federführend. Aber das HRM muss als Inhouse -Consultant dabei sehr deutlich machen, dass die dafür benötigten Berufsbilder (z.B.: Programmierung Künstliche Intelligenz) noch gar nicht existieren und deren Personalkosten, in einem expandierenden IT-Markt bei wenig personellem Zuwachs schlichtweg höher sind, als sie es bisher immer waren. Und das diese Transformation Zeit braucht.
IT wird zur Schlüsselkompetenz im Zeitalter der Digitalisierung. Viel mehr noch als schon heute. Daher werden Weiterbildungen dahingehend zunehmend und in immer kürzeren Schritten notwendig werden, damit Digitalisierung und die Schritte dahin Realität werden können.

 

Alle drei Dimensionen machen schon in ihrer dargestellten Kürze deutlich dass die Future Work dem HRM die Aufgabe zuweist, dafür organisatorisch zu sorgen, dass die älteren Arbeitnehmer im Alter überhaupt in der Lage sind in ihren Rollen arbeiten zu können, sie dabei unterstützt ihr Wissen und Erfahrung in die Umsetzung der Digitalisierung einzubringen, die ihnen später auch ihre Arbeit erleichtert, um dann, wenn diese geburtenstarken Jahrgänge aus dem Berufsleben ausscheiden, einen Grad der Digitalisierung zu hinterlassen, der ihren Wegfall produktivitätstechnisch aufzufangen vermag.
Der Satz war lang. Er beschreibt aber als Einheit die zu stemmende Aufgabe unter Wechselwirkung von Aufgabe/Erwartung alternder Belegschaften und der Umsetzung der Digitalisierung von ebendiesen Menschen am Ende ihres Berufslebens. Eine nicht zu unterschätzende Forderung.

Als diese Arbeit unterstützenden Prämissen wird das HRM dann auch noch dafür Sorge tragen müssen, dass die Workforce zeitgerecht mit frischen Talenten befüllt wird (Recruiting) und der Abfluss von zunehmend unersetzbaren Mitarbeitern reduziert wird (Employer Branding). Beides eine zunehmend erfolgskritische – weil kostentreibende – Managementaufgabe in einem Markt der sich zunehmend aggressiver um Mitarbeiter schlägt. Der schon jetzt vielzitierte „War for Talents“ hat hierbei gerade erst begonnen. Alles was bisher war, war ein „Kindergartengeburtstag“, wenn man die digitalen Trends betrachtet.

Dann ist da die Tatsache, dass das HRM selbst, als kognitive Berufsgruppe, der Digitalisierung Angriffsfläche bietet. Wenn Buchalter betroffen sind, dann ist auch die Gehaltsabrechnung betroffen. Auch für HR-Controller brechen schwere Zeiten an, wenn deren Reporting und Analysefähigkeit von KIs übernommen wird.
Und welcher HR-Manager nun wirklich zum Manager taugt, der in diesem Spannungs- und Handlungsfeld bestehen kann, auf Augenhöhe mit CFO, COO und CIO muss sich erst noch zeigen. Aber alle werden auch hier das Ziel nicht erreichen können. Auch hier werden Qualifikationsfragen zu stellen und zu beurteilen sein.

Der Paradigmenwandel im HRM, weg vom Verwalter und hin zum C-Level-Manager wird nun schneller vollzogen werden müssen. Und dabei ist das HRM mitunter nicht nur Gestalter, sondern auch Betroffener und Getriebener der Entwicklung, die einem globalen Wettbewerbsdruck standzuhalten hat.

Dieser Paradigmenwandel wird sich auch in der Frage konkretisieren, wer bei der Umsetzung im Unternehmen im „Lead ist“. Das wird davon abhängig sein, wie die Wahrnehmung in dem einzelnen Unternehmen ist.
Ist es ein IT-forciertes Thema mit Scherpunkt auf der Digitalisierung, ein personal-organisatorisches Projekt oder ein interdisziplinäres Projekt mit thematischer Doppelspitze. Es hängt letztlich von der Branche, dem Personalgesamtbedarf, den Gegebenheiten vor Ort und letztlich von den Unternehmenszielen ab.

Auch hierbei wird sich wieder für das HRM die Frage stellen, ob es dazu fachlich, organisatorisch (z.B. PM) und personell richtig besetzt ist. Die Erwartungen von Gesellschaftern/Investoren, Management und Belegschaft sind hoch.