Umsetzungsplan Future Workforce : 12 Schritte in die Arbeitswelt der Zukunft
Steps 1 bis 5: Die erfolgskritische Vorbereitung des Projektes
Warum überhaupt anfangen…?
Wir können viel gestalten, ändern, machen und tun, aber nichts davon kann etwas aufhalten, was wir nicht beeinflussen können: die Zeit!
Diese Einsicht umfasst nun zwei Teile. Wir können weder die Vergangenheit verändern, wo wir wissentlich Scheuklappen aufgesetzt haben, um nicht etwas in der Zukunft zu beeinflussen, was uns damals sehr weit weg erschien, und wir können auch jetzt nicht so tun, als wenn die Zeit stehenbleibt und alles beim Alten bleiben wird. Das haben wir nämlich schon getan – in der Vergangenheit… Darum wird es ja jetzt eng. In 10 Jahren werden über 50% der Belegschaften über 50 Jahre alt sein. Das klingt schlimm, wird aber noch schlimmer, wenn wir uns vor Augen halten, dass von unten nichts mehr nachkommt, um die zu ersetzen, die dann zunehmend schnell in Rente gehen werden. Denn eines sagt der o.g. Zusammenhang auch: 13 Jahre später, mit 63 (wenn diese Zahl dann noch gilt), werden 50% der Belegschaften die Unternehmen verlassen. Zur Erinnerung: Momentan haben wir über 40 Millionen Beschäftigte… [1]
Man sollte also etwas tun. Nur was? Und wie?
Wenn also etwas CEO‘s, COO‘s und CFO‘s nun umtreibt, dann ist es die Sorge, wie unter den absehbaren Rahmenumständen gelingen kann, Produktivität, Wachstum und Gewinnerwartungen, unter der Prämisse der knapper werdenden Ressource Mensch, arbeitsorganisatorisch so zu gestalten, dass die strategische Arbeitsplanung möglichst viele der bald auftretenden Lücken rechtzeitig qualitativ und quantitativ zu schließen vermag. Und hier sind nun die oft nur mit administrativen Aufgaben bedachten Personaler gefragt, die mit ihrem Wissen das Business Development über die Strategic Workforce Planning (SWP) mitgestalten sollen und müssen [2].
Schön, dass es dazu schon wieder Akronyme gibt und übersetzende, englischsprachige Fachbegriffe. Vielen hilft das nun nicht. Gerade in KMUs, mit oft kleinen Stabsorganisationen, gibt es oft Defizite dies alles umfänglich zu planen, zu gestalten, umzusetzen oder auch nur zu überblicken. Eines vorweg: Das ist mitunter die größte wirtschaftliche und organisatorische (auch volkswirtschaftliche) Aufgabe, die die westlichen Industrienationen der alten Welt in der Menschheitsgeschichte zu bewältigen hatten. Denn diese umfassende Herausforderung findet in Konkurrenz zu einer wachsenden globalen Wirtschaft statt. Gegen Nationen, die eher zu viel Bevölkerungszuwachs haben als zu wenig. Und es wird eines (zumindest anfangs) nicht passieren: Gastarbeiter auf breiter Front, wie in den 60er Jahren. Denn die Vorzeichen sind anders. Keine Vollbeschäftigung der “Alten” und der Staat ist pleite. Letzteres wird dazu führen, dass die “Alten” auch sich selbst tragend in Beschäftigung bleiben müssen. Denn sonst bricht erst unser Rentensystem und dann unser Sozialsystem zusammen. Dieses Grundverständnis vorausgesetzt, und das ist wichtig, könnte der Gesamtplan des Vorgehens in Unternehmen nun wie folgt aussehen:
STEP 1 (Vorbereitung): Standortanalyse
1.) Informationssammlung
Bevor man startet, Workshops initiiert und Arbeitsgruppen bildet, sollte man sich erst einmal umfänglich mit der Thematik vertraut machen; Informationssammlung betreiben. Dazu hilft es, Impulsvorträge, IHK-Angebote oder sonstige Infotage zu besuchen, um einen möglichst großen, fachlichen wie auch (schon) inhaltlichen Querschnitt des Themas zu erhalten, auf dem aufbauend dann erst Workshops sinnvoll wären.
“Wenn Du nicht mehr weiter weißt, dann bilde einen Arbeitskreis…”
…wäre hier zum Teil wenig sinnvoll und kontraproduktiv. Aufgrund der thematischen und interdisziplinären Ganzheitlichkeit von Future Work (FW) muss ein zu bildender Organisationskreis/-zirkel, und der IST ABSOLUT notwendig, vor Zusammenkunft ein Infopaket erhalten, das schon mal grob den thematischen Gesamtrahmen des zu stemmenden (Gesamt-)Projektes umfasst. Diese informationstechnische Vorbereitung sollte in einer Hand liegen und von einem erfahrenen Manager durchgeführt werden. FW ist von der Sache her strategisch ausgerichtet. Ergo braucht es auch eine interdisziplinäre fachliche Kompetenz, Prozesserfahrung in der Erstellung der Kernleistung des Unternehmens, Kommunikations- / Gremienerfahrung und – fast am wesentlichsten – Lebenserfahrung. Letztere garantiert, dass auch schon bei der Informationszusammenstellung Anknüpfungspunkte erkannt / gefunden werden, wie FW als Ganzes zusammenhängt. Die Kenntnis der Zusammenhänge als solche in der Sammelphase, verbessert das Verständnis des späteren Vorbereitungsteam und erleichtert dessen Zusammenstellung.
2.) Zusammenstellung des Vorbereitungsteams
Auf Basis der gesammelten Informationen, die vermutlich flutartig sein wird, gilt es Themencluster zu bilden (z.B.: Personalgewinnung, Personalentwicklung, Personalbindung, Gesundheit, Arbeitssicherheit, Prozessorganisation, Recht, Kommunikation, …). Aufgabe des Vorbereitungsteams soll es sein, nicht Lösungen vorwegzunehmen oder zu generieren, sondern die Informationen fachlich im Cluster, auf Basis der nun vorliegenden Gesamtinformationen, zu strukturieren und fachliche Anknüpfungspunkte grob zu definieren. Ziel ist es, alles so vorzubereiten, dass das spätere Projektteam, das idealerweise (aber nicht unbedingt) aus dem Vorbereitungsteam im Kern hervorgeht, Kernpunkte für die SWP herausarbeiten kann, mit denen das Projekt dann starten kann.
Es ist auf jeden Fall zu vermeiden, dass man zu differenziert das Thema angeht und sich in Einzelheiten und Randbetrachtungen verliert. In der späteren Umsetzungsplanung sind Einzelheiten und deren Zusammenspiel existenziell wichtig, aber am Anfang gilt es, die für das Unternehmen generelle Linie erst einmal finden zu können! Und das wird schon fordernd und umfänglich genug sein. Ein anderer Aspekt ist hier, dass der sog. “Kleinscheiss” oft eine Debatte anregt, die nur nach hinten losgehen kann. Die Diskussion über Einzelheiten darf niemals vor der Einvernehmlichkeit des Kerngedankens, des Gesamtprojektes an sich, stehen!
3.) Kommunikation der Absicht
Kommunikation wird das zentrale Element sein. Es gilt der Grundsatz: “Reden, reden, reden!” Und das offen, proaktiv, einheitlich und verbindlich. Die möglichen innerbetrieblichen Konfliktpotentiale sind gewaltig und nicht zu unterschätzen, zumal sie außerbetrieblich schon bald “gefüttert” werden. Mitunter und gerade durch Leute mit wenig Verständnis / Kompetenz und großem Ego (z.B. Politiker…) und durch gutmeinende andere Experten.
Daher ist von Anfang an, noch vor dem Projektstart an sich, die Absicht zu kommunizieren, ggf. über eine Betriebsversammlung, dass es beabsichtigt ist, das Unternehmen für die Zukunft besser / anders / überhaupt aufzustellen. Dies ist aus zwei Gründen wichtig: Einerseits soll die Belegschaft aktiv mit in die zwingend notwendige (Um-)Gestaltung der Arbeitsorganisation mit eingebunden werden und andererseits sollen Ängste (!!!) abgebaut werden. Solche Maßnahmen sind in den Erfahrungen der Belegschaften grundsätzlich als Maßnahmen bekannt, an deren Ende bisher immer Entlassungen standen. Es galt immer Personalkosten zu reduzieren. Das war der Dreh- und Angelpunkt eines jeden Orga-Projektes der letzten 30 Jahre. Dass das hier nicht so ist, wird gleich zu Anfang deutlichst zu kommunizieren sein.
4.) Kernprojektteam benennen
Dazu ein paar Gedanken: Hier steht und fällt schon mal das, was in zwei bis fünf Jahren umgesetzt werden soll. Das Kernprojektteam soll später eben genau das sein, was der Name aussagt. Der Kern! Das setzt voraus, dass die Mitarbeiter dort auch gewillt sind, so lange im Unternehmen zu bleiben. Nichts wäre dramatischer, als wenn Kernkompetenzen des Teams die Gunst des demographischen Wandels nutzen, um ihre bisherige Kompetenz in Future Work anderswo anzubieten…
Die Realisierung von FW ist nichts, was sich nebenher erledigen lässt – auch wenn es zusätzlich und tatsächlich parallel zu allen anderen Aktivitäten des Unternehmens laufen wird! Das ist also nichts, was den Projekterfolg erleichtert. Es kompliziert diesen enorm. Und zwar exponentiell! Ergo muss das Kernteam von Anfang an aus Managern der ober(st)en Führungsschicht bestehen, die dem Projekt dann als Projektausschuss vorstehen. Und (mindestens) einer von ihnen muss dann auch der Gesamtprojektleiter werden. Und das von einem Projekt, das in der Hochphase der Umsetzung mit Sicherheit einen kompletten Projektstab (nicht nur PO / PMO) umfassen wird.
Dieser Gesamtprojektleiter sollte schon in dieser Phase benannt werden, damit die Kommunikation von Anfang an ein bekanntes und dann bleibendes Gesicht hat. Das Thema quasi personifiziert ist. Und es sollte ein Gesicht sein, das das Unternehmen kennt und schätzt. Das Vertrauen generiert. Glaubwürdigkeit, Empathie und Lebenserfahrung. Letzteres ist wichtig, da es hier mit Masse um Menschen geht, die auch Lebenserfahrung haben. Und diese Lebenserfahrung wird konträr der guten Absicht entgegenstehen, dass dieses Projekt Beschäftigung sichern und nicht abbauen will.
Und dieses Vertrauen lässt sich am besten durch Leute gewinnen, die man kennt. Möglichst lange kennt. Und das macht Externe als Gesamtprojektleiter schon mal komplett unbrauchbar. Externe können hier beraten, moderieren und coachen. Aber niemals das Projekt leiten. Das ist eine originäre innerbetriebliche Führungsaufgabe auf C-Level. Daher ist ein integrierter Bestandteil des Kernprojektteams auch der Betriebsrat, der einen oder mehrere Vertreter stellt und Teil des Projektes ist. So sind die Arbeitnehmervertreter nicht nur informiert, sondern auch involviert und engagiert bei der Umsetzung dabei. Von Anfang an.
5.) Das Projekt initiieren
Wie solche Priorität-1-Projekte initiiert werden, welche Grundregeln zu beachten sind und welche Kontrollmechanismen einzuplanen sind, ist hier nicht Bestandteil der Betrachtung, sondern wird stillschweigend vorausgesetzt. Doch stillschweigend wird auch vorausgesetzt, dass die Größe der Unternehmung maßgeblich die Komplexität (sekundär) und die Prozessbetroffenheit (primär) berühren wird und Konzernstrukturen in aller Regel “etwas” träger sind, als KMU‘s in Familienhand mit Hands-on-Mentalität, was natürlich andere Gefahren birgt. Wichtig ist, dass eine nachhaltige (!) Einvernehmlichkeit in allen relevanten Entscheidungs- und Kontrollgremien herzustellen ist und das Projekt ein breites GO bekommt. Und der erste Punkt des neuen Projektes ist die Kommunikation mit der Information, DASS es losgeht. An alle, proaktiv, offen und verbindlich…
STEP 2 (Vorbereitung):
Standortanalyse, Organisation, Vorgehensstrategie
Am einfachsten wäre die – auch sehr realitätsnahe – Vorstellung, dass es sich hier um ein “gewöhnliches” Organisationsprojekt handelt. Auch wenn Orga-Projekte bisher immer darauf abgezielt haben Personalkosten zu reduzieren, sind die Herangehensweisen prozessual gleich. Nur wird diesmal der Fokus auf andere Aspekte des Personalmanagements gelegt [3]. Der Startpunkt ist die absolut klare Definition und das Verständnis (!), WARUM eine zukunftsgerichtete Workforce Planning notwendig – mitunter sogar erfolgskritisch ist, und sie die Personalkostenblöcke auch mittelbar steigen lässt. Letzteres wird erst einmal kritisch betrachtet und hinterfragt werden, da dieser Aspekt “gewöhnungsbedürftig” ist. In diesem Schritt werden daher die Aufgaben und Ziele für das Unternehmen oder deren Teile definiert, für die das Projekt sinngebend sind.
Schlüsselelemente:
- Strukturierung der Informationsgrundlage (Zusammenfassungen von Einzelthemen, Einbeziehung externer Datenquellen, Studien, Arbeitspapiere, Keynotes von Kongressen und Fachkonferenzen,…)
- Teambuilding eines interdisziplinären Teams (Orga, HR, Finanzen, Controlling, Recht, BR- / Gewerkschaftsvertreter, Inhouse Consulting, BPM, Revision)
- Den Rahmen abstecken: Markt Trends (Kernleistung), Mega Trends, Budget-Mehrjahresplanung, kommunizierte und geplante Unternehmensziele
- Definition des grundlegenden (aktuellen) Unternehmensverständnisses und dessen Weiterentwicklung hinsichtlich multikultureller, mehrsprachiger und ethnischer Barrieren und Herausforderungen
- Projektkosten und –fortschritt (Milestones)
- Kennzeichen der Arbeitsorganisation hinsichtlich Voll- / Teilzeitbeschäftigte, Aushilfen, Freelancer und Interimlösungen
- Sicherheitsbetrachtungen (Patentschutz, IT, Wirtschaftsspionage)
- Kommunikationsrichtlinien erstellen
Gefahren:
Man sollte in diesem Stadium tunlichst vermeiden, zu differenziert vorzugehen. Es gilt hier vornehmlich den Gesamtrahmen zu definieren. Das “Big Picture” zu generieren, die Vision zu verdeutlichen und den Gesamtplan des Vorgehens zu verdeutlichen. Detailplanungen gehören hier nicht hin.
Hilfreiche Tips:
Zur Analyse, zur Definition und Erstellung erster Herangehensweisen sind Interviews des Senior-Levels im Unternehmensmanagement hilfreich. So werden deren Ideen neben der Sach- und Fachkenntnis von Anfang an eingebunden. Gemeinsame Workshops von Führungskreis und Kernprojektteam sind hilfreich. Hier kommt der Gesamtprojektleiterbesetzung augenscheinlich eine Schlüsselrolle zu. Daher die Zweihutfunktion als Mitglied des C-Levels / Top-Managements und der Gesamtprojektleitung. Es ist anzustreben, dass der strategische Planungszirkel mit dem Projektteam von Anfang an für die Dauer des Projekts eng verzahnt zusammenarbeitet. Andererseits wird auch so allen Managementebenen von Beginn an die Bedeutung, der Wert und die Notwendigkeit dieser Herausforderung klar, und Reibungsverluste können frühzeitig minimiert werden. Der Zugriff auf externe Kompetenz kann Zeit und Kosten sparen. Nicht alle Räder müssen (wieder) selbst erfunden werden…
STEP 3 (Vorbereitung): Schaffung eines Verständnisses der Internal Workforce (IST-Zustand)
Am einfachsten wäre dieser Step mit der Segmentierung der Arbeitskräfte in ihre Charakteristika, Rollen und jeweilige Bedeutung für deren Arbeitsgruppe, wie auch für das Unternehmen hinsichtlich ihrer Schlüsselfunktion für die Kernleistungserstellung zu beschreiben.
Schlüsselelemente:
- Gruppenspezifische Datensammlung über die dort Beschäftigten (Anzahl, Rollen, Titel, Leistungsbewertung, Qualifikation, Alter, Gehaltsklassen / Entlohnung, Zugehörigkeitsdauer,…)
- Hierbei auch zusätzliche Faktoren: kulturelle Zugehörigkeit, Religion, Rasse, Sprache
Ziel:
- Darstellung der aktuellen Workforce als Profil: örtliche Verteilung, Anzahl, demographische Faktoren (Geschlecht, Alter, kulturelle Zugehörigkeit), Bildung / Ausbildung, Zertifizierungen / Qualifikation, Berufserfahrung, Beschäftigungsstatus (VZ / TZ), Gesundheitsentwicklung / -stand (!)).
- Darstellung der Mitarbeitertypen / -verteilung
- Darstellung Lifecycle der Beschäftigten
- Darstellung der Schlüsselfunktionen
- Darstellung der Unternehmenskultur / Corporate Identity
Die Validität sollte mit den entsprechenden, jeweils vorgesetzten Managern, aber auch Vertrauenspersonen, überprüft und verifiziert werden. Wenn das nicht möglich (oder zu vage) ist, sollten die Mitarbeiter persönlich befragt werden – gerade dann wenn es um Schlüsselrollen geht.
Gefahren:
Jede Art von Lücke in der Information sollte vermieden werden: Ungenauigkeiten, missverständliche Zusammenstellungen / Aufbereitungen, mangelnde Konsistenz der Daten, “political correctness” vor Aussagekraft / Genauigkeit oder der Information an sich (!), vorweggenommene Interpretationsversuche, Bewertungen.
Hilfreiche Tips:
Vorhandene Lücken in der Darstellung ansprechen / betonen! Auch schlechte oder nicht ausreichende Informationen sind explizit darzustellen. Hier wird die Grundlage dessen erarbeitet, von dem aus aufgebaut werden soll. Also ein Fundament für eine strategische Planung / Entscheidung / Umsetzung gelegt. Jede Ungenauigkeit, Fahrlässigkeit oder fehlerhafte Erhebung wird sich auf den Gesamterfolgt auswirken.
Daher muss exakt bekannt sein, was wirklich da ist, wie es sich zusammensetzt und wo Lücken eben diese Darstellung unmöglich machen oder auch nur erschweren. Die Exaktheit der umfassenden Darstellung der IST-Situation der Workforce ist wesentlicher Teil des Risikomanagements an sich. Dabei ist das Hauptaugenmerk auch darauf zu richten, dass dem Lifecycle der Beschäftigten Rechenschaft getragen wird. Ihre Lebensphase, ihre Motivation, ihre mögliche Wechselbereitschaft, die Gründe ihrer Beschäftigungsaufnahme im Unternehmen, ihre Entwicklungs- und Karrierewünsche sowie ihre Einstellung zum Unternehmen an sich, müssen in ihrer Bedeutung abgebildet werden.
STEP 4 (Vorbereitung):
Planung der Future Workforce auf Basis der IST-Ressourcen
Der IST-Zustand der Workforce ist der Ausgangspunkt für die (Um-)Planung des verfügbaren Human Capitals für die zukünftige Organisation der Workforce. Daraus leiten sich dann alle weiterführenden Ziele und die dazu hinführenden Aufgabenpakete (Projekte und Teilprojekte) ab.
Schlüsselelemente:
- Basis ist das in Step 3 erarbeite IST-Profil in seiner Detaillierung
- Identifikation von – relevanten – Mega Trends
- Identifikation von sich wandelnden Rollen(-verständnissen)
- Einplanung von (aktuell) beschlossenen, strategischen Unternehmensentscheidungen, die noch nicht umgesetzt worden sind (neuer Standort, neues Produkt, Systemwechsel, Modernisierung, …)
- Identifikation von informellen Prozessen und deren Rolleninhabern
- Darstellung der weiterführenden / notwendigen Corporate Identity-Änderungen
Ziel ist es, ein zunächst projektiertes Future Workforce Modell zu erstellen, das als hinreichende Arbeitsgrundlage zur Verfeinerung genommen werden kann und alle wesentlichen Entwicklungen des Unternehmens beinhaltet. Es reicht hier zur Verständnisbildung einfache Fragen zu stellen:
- Was sind die Unternehmensziele in der Umsetzungsperiode und welche kommen danach?
- Gibt es technologische Veränderungen bis dahin?
- Wird die Unternehmensstruktur geändert? Wird es Out- und/oder Insourcing geben? Zukäufe?
- Welche Effekte wird das auf Anzahl, Ort, Typen, Rollen und Qualifikation der Beschäftigten haben?
- Wie wird die Alterszusammensetzung am Ende der Umsetzung sein und sich tendenziell weiterentwickeln?
- Wie entwickelt sich der Skill-Mix zwischen Jung und Alt, auf der Zeitachse und im projektierten SOLL?
Am Ende soll ein Bild davon entstehen können, wohin sich die Future Workforce entwickelt. Wieviel Personal dafür erforderlich sein wird, und welche Trends und Einflüsse Bedeutung haben werden. Für dieses Grundgerüst des projektierten Ziels sind klare Benennungen von Kernkompetenzen notwendig, die priorisiert werden müssen. Zusammen mit den zukünftigen Determinanten ergeben sich hier klare Zusammenhänge, die den Handlungsbedarf einerseits wie auch die Handlungszwänge andererseits aufzeigen.
Gefahren:
Es sollten hier keine Traumschlösser geboren werden, deren Utopien – von wo auch immer kommend – Bestandteil der Planung oder auch nur des Gedankengangs werden. Andererseits soll nicht schon jetzt ein Szenario definiert werden, dass wohl am ehesten eintreffen wird und das abschließende, und noch zu gestaltende Projekt, schon jetzt fundamentiert oder in eine Richtung dirigiert. Es soll lediglich die Datenbasis für eine Range von Optionen gelegt werden, die auf die Summe aller hier aufgezeigten Trends, Kompetenzen, Bedarfe und Determinanten als Grundgerüst / Basis abzielen. Auch soll dieses Grundgerüst nicht auf Benchmarks, Peer-Netzwerken, internen oder externen Experten beruhen, die schon jetzt das “wohl wahrscheinlichste Vorgehen” absichernd beschreiben und damit das Grundgerüst zu weit einengen. Das würde wesentliche, zielführende und erfolgskritische Handlungsalternativen von vornherein ausschließen.
Hilfreiche Tipps:
Das spiegeln der IST-Daten auf den SOLL-Zustand schafft einerseits Klarheit, aus der IST-Situation heraus alles weitergedacht zu haben und garantiert andererseits auch, dass der projektierte Grundrahmen alle Einflussgrößen aus der IST-Situation der Workforce auch thematisch aufgefasst und weiterentwickelt hat. Sollten zusätzliche Fragen aufkommen oder Punkte nicht behandelt worden sein, dann stellt sich die zu klärende Frage, warum da eine Lücke ist und wo durch thematische Anknüpfungspunkte weitere Gesichtspunkte betroffen sind.
STEP 5 (Vorbereitung):
Audit / Prüfung der Vorbereitung
Die Vorbereitung ist die Grundlage, das Fundament und die Basis aller weiteren Projektschritte und ist somit die erste und gravierendste erfolgskritische Hürde. Im Rahmen des Risikomanagements sollte hier überprüft werden, ob an alles gedacht wurde, ob das, was aufgezeigt worden ist, hinreichend genug ist, oder Nachbesserungen notwendig sind. Den Effekt, dass man “den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht”, sich in Einzelbetrachtungen festgefahren hat und/oder “ein Bild vorweggenommen” hat, sollte ausgeschlossen werden, gerade dann, wenn Mitglieder des Kernprojektteams auch noch andere Funktionen oder Rollen wahrnehmen mussten und/oder es Fluktuationen im Team gab, was gerade in KMU’s wahrscheinlich ist.
Schlüsselelemente:
- Es ist hier ein Auditor / Prüfer / Gutachter von außen oder aus einem Partnernetzwerk hinzuzuziehen
- Hinzuziehen von externen Experten zu Einzelthemen
- Abgleich mit wissenschaftlichen Studien
- Benchmark mit Partnern
- Kommunikation / Unternehmenskultur / Corporate Identity
Ziel:
Die Prüfung soll die Belastbarkeit des projektierten Grundgerüsts zur Risikominimierung einerseits, wie auch als fachlicher Qualitätscheck andererseits zum Ziel haben. Es sollen Lücken aufgezeigt werden, inhaltliche Fehler benannt und fehlende oder zu vage formulierte Zusammenhänge offengelegt werden, um die Projektgrundlage qualitativ zu verbessern.
Hilfreiche Tips:
Die Planung der Future Workforce ist für alle neu. Auch für die externen Experten. Diese haben in der Regel nur den Erfahrungsvorsprung, da sie öfters und in vielen Branchen über diese Thematik nachdenken mussten. Aber ein Richtig oder Falsch gibt es so nicht, da die Lösungen nur regionaltypisch, branchenindividuell und unternehmensspezifisch sein können. Und immer auf Basis der vorgefundenen und vorhandenen Unternehmensgeschichte, Unternehmenskultur und den Kernleistungserstellungsprozessen. Ergo ist jede kritische Frage, die einen “wunden Punkt” erwischt hat, ein Gewinn. Daher ist es ratsam, möglichst viele bisher nicht involvierte Kreise zu beteiligen, um eben diesen Qualitätscheck der Informationsbasis als Projektgrundlage zu verfeinern.
Aber immer im Hinterkopf behalten: Das ist die Informationsgrundlage – NICHT das umzusetzende Projekt. Es geht rein um die umfängliche, hinreichende und schon vorstrukturierte informelle Arbeitsgrundlage für das spätere Projektteam, das dann erst daraus die Future Workforce entwickelt!
Fazit:
Wie in jedem Großprojekt der obersten Priorität gilt es, im Rahmen eines Vorbereitungsprojektes, das eigentliche Großprojekt hinsichtlich Machbarkeit, Richtung und Zieldefinition eindeutig zu strukturieren. Ihm eine Richtung zu geben – aus informeller Sicht. Es ist sicherzustellen, dass dem dann zuständigen Projektteam aus diesem Vorbereitungsprojekt heraus alle notwendigen Informationen, strukturiert und ganzheitlich zusammengestellt, als Arbeitsgrundlage zur Verfügung stehen. Und die Betonung liegt auf Arbeitsgrundlage!
Das Ziel des Vorbereitungsprojekts ist wie die Informationszusammenstellung für eine wissenschaftliche Arbeit zu sehen. Es werden alle relevanten Daten und Informationen strukturiert gesammelt und hinsichtlich des Ziels so zusammengestellt und schon verknüpft, dass sie schnell, sicher und vollständig in ihren Zusammenhängen hochverfügbar, verifizierbar und valide sind. Gleichzeitig bilden sie die Basis für die Entscheidungsfindung, der eigentlichen Entscheidung für die Umsetzung und den Start des eigentlichen Projektes über alle Gremien hinweg. Es hat also auch einen hohen Einfluss auf die innerbetriebliche Kommunikation, ihrer Handhabung und die Betrachtung der Belegschaft und damit deren Einstellung zu dem Projekt.
Aufgrund der Historie solcher Organisationsprojekte wird es Anfangswiderstände, Besorgnis, Diskussionen und auch Konflikte geben. Diese von Anfang an zu minimieren und zielgerichtet zu handhaben, wird auch ein Thema und ein wesentliches Ziel des Vorbereitungsprojektes sein. Es gilt, alle ins Boot zu holen, denn es wird alle betreffen und von allen Beteiligten bis zur letzten Hilfskraft Zuarbeit erfordern. Gerade dieser letzte Aspekt wird gerne übersehen, obwohl gerade hier Risiken für den Umsetzungserfolg lauern.
Die hier zu führenden, vorbereitenden Gespräche, zum Beispiel im Vorfeld von Informations- und Datensammlungen in den Abteilungen, haben also von Anfang an zwei Determinanten: einerseits eben diese Daten vollumfänglich zu erhalten und andererseits, alle Beteiligten mit Gründen, Zielen und Chancen des Projektes vertraut zu machen. Proaktiv.
Gerade im Hinblick auf die zu gestaltende Zeitachse des Projektes wird es in der Endphase spätestens externe Einflüsse auf das Projekt geben. Diese dann in den Griff zu bekommen wird wesentlich zum Erfolg beitragen. Daher ist von Anfang an die Kommunikationspolitik neben der projekttechnisch richtigen Abwicklung als erfolgskritisch anzusehen. Der Grund, warum die Kommunikation nicht ausführlicher in den Schlüsselelementen aufgeführt ist, ist darin zu suchen, dass durch die Umsetzung der anderen Punkte diese Kommunikation erfolgt, und lediglich deren einvernehmliche Konzeption und Gestaltung einmalig zu definieren und abzustimmen ist.
Dass diese Kommunikation über das (vermutlich) zu überarbeitende CI-Konzept im späteren Verlauf des eigentlichen Projektes eine zusätzliche Dimension erfährt, ist folgerichtig, aber (noch) nicht expliziter Bestandteil des Vorbereitungsprojekts an sich. Dies wäre so eine Vorwegnahme, die eben durch das eigentliche Projekt getroffen werden sollte und muss.
Quellen:
[1] Rauschenberger, Sascha (2014): “Future Work und Megatrends – Herausforderungen und Lösungsansätze für die Arbeitswelt der Zukunft: Ein Kompendium zum demographischen Wandel” (Windsor-Verlag)
[2] Anm.: Jedes Unternehmen ist individuell in seiner Unternehmenskultur und seinen Prozessen. Branche und Standort geben ebenfalls zahlreiche Determinanten vor. Daher kann ein hier vorgetragener Vorschlag zu einem Vorgehensmodell eben nur eines sein: Ein Vorschlag, der individuell zu matchen ist.
[3] Rauschenberger, Sascha (2014): “Future Work ist Organisationsentwicklung – mit Hindernissen” (Conplore)
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